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Nordisch Modern

2021 feiert das Behnhaus sein 100-jähriges Bestehen. Im Rahmen der Nordischen Woche, öffnete das Lübecker Behnhaus im September 1921 erstmals seine Pforten als Museum. Die Festwoche wurde ins Leben gerufen, um die wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen zwischen Skandinavien und Deutschland wiederzubeleben. Unter dem Titel Jahrhundertausstellung lübeckischer Kunst präsentierte der damalige Museumsdirektor des St. Annen-Museums Carl Georg Heise die Lübecker Kunst des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Ein besonderes Hauptaugenmerk legte er auf die Verbindung von Alt und Neu: die Etablierung moderner Kunst in einer mittelalterlichen Stadt.

Nordische Woche 1921

Als Carl Georg Heise 1921 mit den Kunstausstellungen zur Nordischen Woche die Ziele seiner zukünftigen Lübecker Kunstpflege aufzeigte, konnte er auf einem von privatem Engagement geprägten Kulturleben aufbauen. Der Augenarzt Dr. Max Linde hatte in seinem Haus und Garten an der Ratzeburger Allee bereits um 1900 eine hochkarätige Kunstsammlung mit Werken französischer Impressionisten aufgebaut. Ab 1902 hielt mit Edvard Munch einer der prägenden Künstler der heute klassischen Moderne Einzug in seine Sammlung.

Edvard Munch

"Gerade Deutschland verdankt ihm viel. Es ist nicht übertrieben, wenn man feststellt, daß Munch der Anreger der gesamten jungdeutschen Kunst von Nolde bis Schmidt-Rottluff gewesen ist.“ Mit diesen Worten äußert sich Carl Georg Heise in der Festschrift zur Nordischen Woche über den norwegischen Künstler. Bereits knapp zwanzig Jahre zuvor hatte der Augenarzt und Kunstsammler Dr. Max Linde den Norweger nach Lübeck geholt.

Deutscher Expressionismus

Carl Georg Heise war am 1. Mai 1920 in Lübeck als Direktor des St. Annen-Museums und als Experte für mittelalterliche Kunst angetreten. Doch schon sein Bewerbungsvortrag trug den Titel Alte Kunst im Spiegel unserer Tage und widmete sich den engen Verbindungen, die Heise zwischen alter und neuer Kunst sah. Die Gotik als Epoche „mit starkem ringendem Ausdruck“ stand für Heise am höchsten. Seine Gegenwart sah er ebenfalls als „Epoche des Ringens um vertiefteren seelischen Ausdruck“, der in der Kunst des deutschen Expressionismus seine künstlerische Form fand.

Frans Masereel
Frans Masereel - Mein Stundenbuch (1919), Tafel 1
Frans Masereel - Mein Stundenbuch (1919), Tafel 3

1919 hatte Heise Frans Masereels Stundenbuch, einen 165 Holzschnitte umfassenden „Roman ohne Worte“, in seiner Luxusausgabe Mon Livre d’Heures kennengelernt. Seinem Anspruch, Kunst einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen folgend, hatte er sich jahrelang darum bemüht, das Stundenbuch in einer Volksausgabe herauszugeben. Als Maler, so Heise, sei Masereel im Werden, als Holzschneider sei er Meister. Den Maler Frans Masereel fügte Heise 1926 in die Sammlung im Behnhaus ein.

Barlach, Rohlfs, Nolde

Im Oktober 1930 widmete Heise drei Künstlern, die eine zentrale Rolle für sein Konzept einer Moderne in Lübeck spielten, eine Gemeinschaftsausstellung. Im soeben fertiggestellten Ausstellungspavillon der Overbeck-Gesellschaft im Behnhausgarten zeigte er Emil Nolde, Ernst Barlach und Christian Rohlfs. Heise versprach, diese Ausstellung werde „hervorragende Werke der drei norddeutschen Altmeister“ zeigen. Bewusst wählte er für den Auftakt im modernen Ausstellungspavillon Bewährtes und Ortsbezogenes.

Die Blumen in der Kunst

In der Ausstellung Die Blume in Kunst und Natur (1927) versammelte Carl Georg Heise im Behnhaus moderne Blumenstillleben norddeutscher Künstler, von Emil Nolde, Karl Schmidt-Rottluff, Christian Rohlfs, Erich Heckel, von den Lübeckern Erich Dummer, Georg Behrens-Ramberg, Alfred Mahlau, der auch das Ausstellungsplakat gestaltete, und schließlich „Blumenschmuck in künstlerischer Anordnung“ von lokalen Blumenhandlungen und Gärtnereien.

Skandinavische Kunst

Carl Georg Heise widmete sich in den 1920er Jahren in Ausstellungen und mit Erwerbungen der skandinavischen Kunst. Mit seinen Lübecker Ausstellungen wollte Heise eine moderne, damals aktuelle Kunst präsentieren, wie er sie im geografischen Norden vorfand. Hierzu zählten auch die Wanderausstellungen zur Kunst nordeuropäischer Länder, die von Heise, den Museen in Berlin, Hamburg oder Kiel sowie der Nordischen Gesellschaft initiiert und dann von Museen und Kunsthochschulen der einzelnen nordischen Länder zusammengestellt wurden.

Neue Sachlichkeit

Der Direktor der Mannheimer Kunsthalle, Gustav Friedrich Hartlaub, hatte den Begriff Neue Sachlichkeit geprägt, als er im Sommer 1925 eine Ausstellung unter dem Titel Neue Sachlichkeit. Deutsche Malerei seit dem Expressionismus zeigte. Im selben Jahr hatte der Münchner Kunsthistoriker Franz Roh ein Buch über den Nach-Expressionismus veröffentlicht und im Untertitel den Begriff des Magischen Realismus für die „neueste europäische Malerei“ eingeführt.

Fotografie

Gleich zu Beginn seiner Tätigkeit in Lübeck bemühte sich Carl Georg Heise, fotografische Reproduktionen von Kunst- und Bauwerken zu sammeln, um gewissermaßen vom Schreibtisch aus über Kunst forschen und diese im Museum über Vorträge mit Dias oder Schautafeln vermitteln zu können. 1922 ergänzte er diese Reproduktionssammlung mit Aufnahmen des kunsthistorischen Instituts der Universität Marburg, u. a. aus der Serie Bamberg, 1924 folgten dann von Walter Hege angefertigte Fotografien der Naumburger Domskulpturen allesamt Aufnahmen, denen Heise bereits eigenen „Kunstwert“ beimaß. In den folgenden Jahren wandte sich Heise der Fotografie als eigenständigem Kunstwerk zu. 1928 gab er den 100 Fotografien von Renger-Patzsch umfassenden Bildband Die Welt ist schön heraus zur "Durchsetzung dieser verblüffend grossartigen neuen Möglichkeiten fotografischer Bildkunst".

Kunstgewerbe

Ervin Bossanyi, der bereits 1920 große Hoffnungen in Heises Berufung gesetzt hatte, kam erst Mitte der 1920er Jahre in engeren Austausch mit dem Museumsdirektor. Von der Weihnachtsausstellung 1925 erwarb Heise erste Gemälde Bossanyis.

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