Edvard Munch (1863 – 1944)
Holzschnitte aus einer norwegischen Privatsammlung
19.06.2011 bis 18.09.2011
Liebe und Tod, Einsamkeit, Melancholie und Angst, das Verhältnis zwischen Mann und Frau und zwischen den Generationen – das sind die Leitthemen der Kunst Edvard Munchs, die er in zahlreichen Werken zwischen den 1880er Jahren bis zu seinem Tod 1944 immer wieder in zahlreichen Variationen darstellte. Den Ausgangspunkt bilden dabei eigene Erlebnisse und Empfindungen, die Munch in einer individuellen, zwischen Symbolismus und Expressionismus sich bewegenden Bildsprache zum Ausdruck brachte. Während seines Parisaufenthaltes 1896 fand Munch zur Technik des Holzschnitts. Er entdeckte diese alte druckgraphische Technik nicht nur wieder, sondern entwickelte sie auch weiter. Seiner Kunst ermöglichte der Holzschnitt eine weitere Reduktion in der Darstellung und eine Konzentration der Bildform: In Schwarz-weiß oder mit nur wenigen Farben, mit einfachen Linien und Flächen sind Figuren und Landschaften auf das Papier gebracht, wobei der helle Papierton ganz wesentliches Element der Darstellung von Formen und Lichteffekten ist. Viele seiner Motive, die er zuvor in Öl gemalt hatte, führte Munch nun als Holzschnitt aus und erreichte dadurch die absolute Zuspitzung seiner Bildmittel auf das Wesentliche. Andererseits nutzte er aber auch eine zusätzliche Gestaltungsmöglichkeit des Holzes, indem er in zahlreichen Blättern die Holzmaserung als formgebendes Element mitdruckte. Ein Blick in das Werkverzeichnis von Munchs Druckgraphiken zeigt die besondere Bedeutung des Holzschnitts: Unter 748 Nummern ind 203 Radierungen und 398 Lithographien verzeichnet und lediglich 147 Holzschnitte. Der Druck vom Holzstock war mit einem großen Aufwand und mit vielen gestalterischen Fragen verbunden. Das Ergebnis sind die wohl bildmäßigsten Drucke seines graphischen Werkes.
Das Museum Behnhaus Drägerhaus zeigt nun erstmals eine Ausstellung, die sich allein auf Holzschnitte Edvard Munchs konzentriert. Damit greifen wir zum einen die enge Verbindung Munchs zu Lübeck auf. Hier schuf Munch zwischen 1902 und 1907 zahlreiche Werke und war vor allem für den Lübecker Sammler und Augenarzt Dr. Max Linde tätig. Die Hauptwerke dieser Schaffensphase gelangten unter dem Direktor Carl Georg Heise in den 1920er Jahren in die Sammlung des Behnhauses. Das berühmteste Werk aus diesem Bestand ist das Gemälde »Die Söhne des Dr. Linde« von 1903.
Zum anderen bauen wir mit Munch die auch in der Kunst traditionellen Beziehungen Lübecks nach Skandinavien aus, indem wir eine norwegische Privatsammlung mit 46 bedeutenden Holzschnitten Edvard Munchs erstmals in einer Ausstellung in Deutschland präsentieren. Die Sammlung umfasst Beispiele aus Munchs kompletter druckgraphischer Schaffenszeit und zeigt mit Holzschnitten wie »Männerkopf in Frauenhaar« oder »Abend. Melancholie I« von 1896 über »Der Kuss« von 1902 bis hin zu Mädchen auf der Brücke« aus dem Jahr 1920 herausragende Motive aus Munchs Gesamtwerk. Neben handkolorierten Holzschnitten bilden Druckversionen, die nur als Unikat existieren, die Höhepunkte dieser Sammlung. Dadurch ist es mit dieser Ausstellung auch erstmals möglich, der im Jahr 2003 gezeigten Themenausstellung »Munch und Lübeck« nun den »ganzen« Munch in seiner vielseitigen Beschäftigung mit den existentiellen Fragen des Lebens an die Seite zu stellen. Neben dieser geschlossenen, thematisch geordneten Präsentation der norwegischen Privatsammlung werden Munchs Werke aus der Sammlung des Museums Behnhaus Drägerhaus ergänzend in der Dauerausstellung des Museums zu sehen sein.
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog u. a. mit einem Aufsatz von Gerd Woll, die das Werkverzeichnis der Druckgraphiken Munchs erarbeitet hat. Er ist zum Preis von 19,95 € im Museumsshop sowie online über shop@buddenbrookhaus.de erhältlich.